Dienstag, 5. August 2014

Alltäglicher Speziesismus


Speziesismus beschreibt die Ausbeutung der Tiere durch den Menschen, begründet allein auf deren Andersartigkeit. Hierbei wird aber die eigene homogene Gruppe des Menschen zuerst mit Attributen aufgewertet, um sich gegen die sogenannte „andere“ Gruppe, mit deren negativ besetzten Eigenschaften, abzugrenzen, ein Herrschaftsverhältnis aufzubauen und Ausbeutung zu legitimieren. Dieser Prozess, als „Othering“ bezeichnet, ist nicht nur beim Mensch-Tier-Verhältnis zu finden, sondern bei allen vorherrschenden Unterdrückungsmechanismen.

Was der Speziesismus der Menschen, siehe obige Begriffserklärung, in der Bevölkerung für Blüten treibt, dies zeigte sich bei dieser Gelegenheit:

Gestern hatte ich, was Blogleser wissen, eine Suchanzeige für unser entlaufenes Huhn Grüni in den Blog gesetzt (http://barrynoa.blogspot.de/2014/08/dessau-huhn-entlaufen-suchanzeige.html), auch in unserer Gegend an Masten ein paar Suchanzeigen angeheftet. Bisher allerdings ohne Erfolg, wie mir schon ein Nachbar, dessen Eltern und Großeltern schon hier wohnten, also ein Altsiedler, prophezeite, der meinte, daß sich da keiner drum kümmern würde. Da scheint er recht zu haben, denn meine Gegend ist nicht mehr die alte Siedlergegend von früher, wo man sich grüßte und Anteil nahm. Die alten Siedler sind mittlerweile so gut wie ausgestorben und sehr oft wurden die Häuser von den Erben an neureiche Kleinbürger verkauft, die, typisch neudeutsch, nur ihr eigenes egoistisches Krämchen machen. Wenn also ein herrenloser Hund bei uns durch die Gegend laufen würde, dann würde davon auch keiner Notiz nehmen, das ist dann bei einem Huhn nicht anders. Es sei denn, unsere Grüni würde in einem der oft geleckten Gärten und Vorgärten scharren und damit „Schaden“ anrichten. Da tippe ich dann aber eher darauf, daß da die meisten das Huhn verjagen würden, aber kaum sich weiter um es kümmern würden.

Gestern nach dem Starkregen schaute ich in einer der Nebenstraßen nach, ob denn die Zettel mit der Suchanzeige noch dran wären, was der Fall war und dabei beobachteten mich eine Frau mit drei Kindern, die da spielten. Der eine Junge zu mir: „Sind die Zettel von Ihnen?“ Ich: „Ja, habt ihr denn das Huhn gesehen?“ Der Junge: „Auf die Zettel haben wir nicht geguckt - ein Huhn suchen sie?“ Ich: „Na, da guckt man doch mal was auf so einem Zettel steht! Ja, das ist mein Huhn, das ist entlaufen und nun suchen wir es“! Der Junge: „Nö, auf solche Zettel gucken wir nicht.“ Dann mischte sich die Frau noch ein: „Ach wegen einem Huhn machen sie Zettel an?“ Ich: „Na, warum nicht, ist denn ein Huhn weniger als ein Hund, eine Katze oder ein Wellensittich? Wenn von da ein Tier entläuft oder weg fliegt, dann will man dieses Tier doch auch zurück haben und man macht Suchanzeigen, oder?“ Die Frau: „Das ist doch was anderes, als nur ein Huhn.“ Der Junge: „Können sie sich denn nicht ein neues Huhn kaufen oder sie können sich doch eins im Supermarkt kaufen, dann brauchen sie es nicht selbst zu schlachten“! Ich klärte ihn auf, daß ich keines unserer Hühner je schlachten würde, es darum überhaupt nicht ginge, auch nicht sich ein neues Huhn kaufen zu können, sondern darum, daß man doch an seinen Tieren hängt, die nicht wie ein Kleidungsstück einfach ausgetauscht werden. Begriffen hat das keiner von den beiden (die anderen Kinder waren zu klein und hörten nicht zu), nur dummes Glotzen, sowohl der Mutter wie dem Jungen.
 
Eine Bewußtseinsänderung bei diesem „Menschenmaterial“ ist da in weiter Ferne was den Speziesismus anlangt. Die krasse Unterscheidung zwischen Haustieren und Nutztieren ist besonders bei den Kleinbürgern und bei den Proleten tief verwurzelt. Die Politik tut ein Übriges das es so bleibt. Schon in den Kinderkrippen und Kindergärten überwiegen Fleischgerichte, wie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung kritisierte. Damit wird schon der Grundstein gelegt für künftige Fleischesser und damit Speziesisten. Die Lobby der Fleisch-und Milchindustrie ist eine extrem starke und die hat mächtigen Einfluß auf die Gesellschaft.
 
 
Dieser Tage telefonierte ich mit dem Dessauer Tierfreund Michael-Sergej Dittmann, siehe seine Dessauer Tierschutzseite: http://www.wellifreund-michadit.de. Er sprach meinen Blogbeitrag http://barrynoa.blogspot.de/2014/08/hohere-preise-fur-landwirte-weniger.html an, wo es darum ging, daß höhere Preise für Fleisch-und Milchprodukte das Tierleid nicht mindern werden, da die Bauern die höheren Erlöse für sich verwenden würden und nicht zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Nutztiere. Dittmann widersprach, was ich nachvollziehen kann. Er meinte es mit den Preiserhöhungen anders, daß ähnlich wie bei der Tabaksteuer, der Staat hohe Steuern auf tierische Produkte nehmen solle, die nicht den Bauern zugute kommen sollen. Da gehe ich mit, denn was beim Tabakkonsum geht, warum sollte das nicht bei tierischen Produkten gehen. Dittmann meinte, und dem schließe ich mich ebenfalls an, daß dies wahrscheinlich die Politik nicht macht, denn mit den Rauchern hat sie es sich gerade so getraut, weil die eh schon in der Minderheit waren, beim Alkohol macht sie es nicht, weil die Politiker selber saufen und dem Volk wenigstens eine legale Droge lassen wollen und bei tierischen Produkten wollen sie den Pöbel nicht gegen sich aufbringen. Da hat Dittmann recht, dies machten schon die römischen Kaiser so um den Pöbel ruhig zu stellen: "Brot und Spiele"! Statt Brot gibt die jetzige Obrigkeit billiges Fleisch! Ansonsten hat sich nicht viel geändert, statt der Gladiatorenkämpfe halt Fußball!
 

 

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